Zeckenprophylaxe und mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen von Antiparasitika bei Hunden und Katzen
Mit den steigenden Temperaturen zu Beginn des Frühjahrs steigt auch die Aktivität der hierzulande vorkommenden Zecken wieder an. Der so genannte „gemeine Holzbock“ (Ixodes ricinus) tritt bei Hunden und Katzen auf, während die „Buntzecke“ (Dermacentor reticulatus) fast nur bei Hunden vorkommt. Der Befall mit diesen Blutsaugern ist für Hunde und Katzen nicht nur lästig, weil er z. B. zu Juckreiz und lokalen Hautentzündungen führen kann, sondern stellt aufgrund der möglichen Übertragung von Krankheitserregern ein erhebliches Gesundheitsrisiko für Mensch und Tier dar.
Seit einigen Wochen werden in verschiedenen Medien vermehrt Meldungen vermuteter unerwünschter Arzneimittelwirkungen (UAW) im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter Antiparasitika diskutiert. Dies betrifft vor allem Arzneimittel, in denen sich Isoxazoline befinden, eine neue gegen Zecken wirksame Wirkstoffgruppe. Hieraus sind in Deutschland gegenwärtig die Wirkstoffe Afoxolaner (NexGard®), Fluralaner (Bravecto®) und Sarolaner (Simparica®) zugelassen.
Zugelassene Tierarzneimittel: Geprüfte Verträglichkeit und Sicherheit
In Deutschland wurde die Verträglichkeit und Sicherheit bei sämtlichen für die Anwendung bei Hunden und Katzen zugelassenen Tierarzneimitteln, inklusive aller Mittel gegen Zeckenbefall, im Rahmen der Entwicklung nach den geltenden Zulassungsbestimmungen umfangreich geprüft und genau dokumentiert. Weiterhin werden UAWs stetig an das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit gemeldet und dort ausgewertet. Zusätzlich werden die zuständigen Zulassungsbehörden (z. B. die Europäische Arzneimittelbehörde) informiert. Nach aktuellem Kenntnisstand werden UAWs nach Anwendung von Isoxazolin-haltigen Präparaten nur selten, konkret bei weniger als 1 von 1.000 Anwendungen beobachtet.
Nur zugelassene, geprüfte Tierarzneimittel bieten Schutz
Die oben angesprochene Diskussion führt in manchen Fällen zur Verunsicherung bei TierhalterInnen, aber auch bei TierärztInnen. Es tritt die Frage auf, ob die Anwendung von gegen Zecken zugelassenen Arzneimitteln im Verhältnis zu den durch Zecken verursachten bzw. von ihnen übertragenen Krankheiten ein zu hohes Risiko darstellt. Teilweise wird in diesem Zusammenhang die Anwendung alternativer Mittel (z. B. Kokosöl oder Bernstein) empfohlen. Allerdings gibt es für keines der so genannten „alternativen Zeckenmittel“ wissenschaftlich belegte Daten, aufgrund derer von einem Schutz vor Zeckenbefall und von durch Zecken übertragenen Krankheiten bei Hunden und Katzen ausgegangen werden kann. Als unabhängige Expertenorganisation stellt ESCCAP Deutschland e.V. fest, dass lediglich zugelassene und hinsichtlich ihrer Wirksamkeit und Verträglichkeit geprüfte Tierarzneimittel einen Schutz vor Zeckenbefall und durch Zecken übertragenen Krankheiten bieten. Vor allem bei Hunden und Katzen, die sich auch im Freien aufhalten, ist ein derartiger Schutz jedoch für die vorbeugende Gesunderhaltung dringend zu empfehlen. Zum Schutz vor Zeckenbefall und von durch Zecken übertragenen Krankheiten stehen mehrere sehr wirksame und gut verträgliche Antiparasitika zur Verfügung. Die Wirksamkeit sämtlicher in Deutschland zugelassener, gegen Ektoparasiten wirksamer Präparate wurde durch gründliche experimentelle Studien und Felduntersuchungen belegt. Oft liegen auch Daten zur Verhinderung von durch Zecken übertragenen Infektionen vor. Dies gilt vor allem für die Verhinderung der Übertragung von Borrelien und Babesien.
Krankheitserreger und aktuelle Ausbreitung
Von dem in Deutschland im gesamten Bundesgebiet häufig vorkommenden Holzbock (Ixodes ricinus) werden u. a. Borrelien, Anaplasmen oder das Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Virus übertragen. Borrelien können verschiedene Krankheitserscheinungen, wie insbesondere Fieber und Gelenkentzündung, hervorrufen. Anaplasmen verursachen ebenfalls Fieber, Mattigkeit, gelegentlich Gelenkentzündungen und häufig Blutbildveränderungen (z. B. Thrombozytopenie). Borrelien kommen regional unterschiedlich in ca. 10 Prozent bis über 30 Prozent der Zecken vor, während in Feldstudien Anaplasmen in ca. 5 Prozent der erwachsenen I. ricinus-Zecken nachgewiesen wurden. Das sich offenbar weiter nach Norden ausbreitende FSME-Virus (2016 wurden erste autochthone, tödlich verlaufende Infektionen bei Hunden in Niedersachsen beschrieben) kann zu sehr schwer verlaufenden neurologischen Entzündungen führen. Die Buntzecke Dermacentor reticulatus ist vor allem als Vektor für Babesien, Parasiten, die rote Blutkörperchen (Erythrozyten) befallen, von Bedeutung. Diese Protozoen vermehren sich in den Erythrozyten und führen zu deren Zerstörung, so dass die Infektion u. a. zu Anämie (Blutarmut) und unbehandelt häufig zum Tod führt. Aktuell kommen sowohl die Buntzecke als auch die Hundebabesien in Deutschland lediglich regional vor. Allerdings wurden in den vergangenen Jahren z. B. in Berlin-Brandenburg vermehrt Fälle der Babesiose bei Hunden beobachtet. Für Hunde, die reisebegleitend in Regionen wie den Mittelmeerraum mitgenommen werden, ist ein Zeckenschutz von besonderer Bedeutung.
TierhalterInnen sollten ihre Tiere mit wirksamen Antiparasitika schützen
Nicht jeder Kontakt mit einer infizierten Zecke führt zu einer Infektion und nicht jede Infektion auch zu einer schwerwiegenden Erkrankung. Dennoch besteht aufgrund der vorherrschenden epidemiologischen Situation in Deutschland bei Hunden und Katzen, die sich regelmäßig im Freiland aufhalten, ein erhebliches Risiko einer Ansteckung und Erkrankung durch von Zecken übertragene Erreger. Daher empfiehlt ESCCAP Deutschland e.V., während der Zeckensaison Hunde und Katzen die einem Zeckenbefall ausgesetzt sind, durch die sachgerechte Anwendung wirksamer Antiparasitika vor Zeckenbefall sowie vor durch Zecken übertragene Krankheitserreger zu schützen. TierärztInnen sind für Hunde- und Katzenbesitzer kompetente Ansprechpartner und sollten für die Entscheidungsfindung, wie Zeckenschutz gegebenenfalls am besten zu erreichen ist, unbedingt hinzugezogen werden.