Toxoplasmose: Gesundheitsrisiko für Tier und Mensch
ESCCAP-Expertenrat von Frau Professor Dr. Joachim
Als Toxoplasmose bezeichnet man zusammenfassend verschiedene Erkrankungen, die durch den einzelligen Parasiten Toxoplasma gondii hervorgerufen werden können. Toxoplasma gondii ist weltweit verbreitet und dürfte mit Abstand der häufigste Parasit überhaupt sein. Welche gesundheitlichen Risiken eine T. gondii-Infektion für Tier und Mensch haben kann, erklärt Veterinärparasitologin Prof. Dr. Anja Joachim von der Veterinärmedizinischen Universität Wien.
So verläuft eine Toxoplasma-Infektion
Der Parasit bildet drei biologisch unterschiedliche Stadien aus, die verschiedene Funktionen für die Erregerübertragung und die Auslösung der Erkrankung haben. Bei einer Infektion dringen die Parasitenstadien in verschiedene Zellen ein und vermehren sich sehr schnell. Man bezeichnet diese Vermehrungsstadien als Tachyzoiten (griechisch: tachy = schnell, da sich diese Zellen schnell teilen).
Durch die Vermehrung der Parasiten und die damit einhergehende Zerstörung der befallenen Zellen kommt es zu einer Aktivierung des Abwehrsystems mit geschwollenen Lymphknoten, Fieber und Abgeschlagenheit. Das aktivierte Immunsystem kann den Erreger innerhalb kurzer Zeit unter Kontrolle bringen. Toxoplasma verschwindet jedoch nicht völlig aus dem Organismus, sondern zieht sich ohne weitere Vermehrung in sogenannte Zysten zurück, die reaktionslos vor allem in Muskulatur und Gehirn über Jahre überleben, ohne dass der Wirt erkrankt.
Schwerer Verlauf bei geschwächtem Immunsystem
Voraussetzung für diese Inaktivierung ist allerdings, dass das Immunsystem des Wirtes voll funktionsfähig ist. Bei Personen, die etwa eine Behandlung mit Immunsuppressiva bekommen (z. B. nach einer Organtransplantation) oder an einer Erkrankung des Immunsystems leiden, können sich die Parasiten dagegen ungehindert vermehren und schwere Erkrankungen verursachen. Diese gehen mit Entzündungen in Gehirn, Leber, Lunge oder Herzmuskel einher und können zu Organversagen führen.
Toxoplasmose und Schwangerschaft
Ungeborene haben noch kein voll funktionsfähiges Immunsystem. Infiziert sich die Mutter in der Schwangerschaft, kann der Parasit über die gemeinsame Blutversorgung von Mutter und Kind auf den heranwachsenden Fötus im Mutterleib übergehen und sich ungehindert vermehren. Voraussetzung hierfür ist, dass die Mutter vorher nicht bereits mit T. gondii infiziert gewesen und daher immun ist. Da sich der Fötus noch im Wachstum befindet und sich seine Organe erst entwickeln, kann es durch die Parasiteninfektion zu Fehlbildungen vor allem des Gehirns und der Augen kommen. Diese können zu schweren Funktionsstörungen und sogar zum Tod des Ungeborenen führen.
Weitere Übertragungswege auf den Menschen
Neben der sehr seltenen Infektion des Fötus über die Plazenta stecken Menschen sich fast durchweg über Tiere mit Toxoplasmen an. Dies kann auf zweierlei Weise geschehen:
- Der Verzehr von rohem oder halbgarem Fleisch, das Zysten enthält, kann zu einer Infektion führen. Die ruhenden Stadien aus den Zysten (sogenannte Bradyzoiten, griech. brady = langsam, da sie sich kaum teilen) werden nach dem Verzehr reaktiviert, verlassen den Verdauungstrakt und verstreuen sich in die inneren Organe.
- Toxoplasma kann weitere Stadien bilden, sogenannte Oozysten. Diese stammen allerdings nicht aus dem Gewebe, sondern werden im Darm von Katzen gebildet und mit deren Kot ausgeschieden. In der Umgebung müssen sie noch für zwei bis vier Tage reifen, bis sie wiederum ansteckend sind. Einmal ausgereift, bleiben sie in feuchter Umgebung (Erde, Wasser) monatelang ansteckungsfähig.
So infizieren sich Tiere mit Toxoplasmose
Katzen infizieren sich über den Verzehr von rohem Fleisch infizierter Tiere. Aus diesem Grund besteht für Freigänger-Katzen, die Mäuse fressen, sowie für Katzen, die mit rohem Fleisch (insb. Schaf oder Ziege) gefüttert werden, ein erhöhtes Infektions-Risiko. Reine Wohnungskatzen, die Fertigfutter erhalten, haben dagegen ein geringes Risiko zu erkranken und Oozysten auszuscheiden.
Oozysten aus Katzenkot spielen vor allem für die Infektion pflanzenfressender Tiere eine große Rolle. Diese können Bradyzoiten in der Muskulatur ausbilden, durch deren Verzehr sich Menschen, Katzen und andere Fleischfresser mit dem Erreger anstecken können. Schafe und Ziegen können durch T. gondii-Infektionen während der Trächtigkeit außerdem ihre ungeborenen Föten infizieren, die aufgrund der Infektion absterben können. Wenn trächtige Schafe oder Ziegen, die bisher keinen Kontakt mit dem Parasiten hatten, Oozysten über ihr Futter oder Wasser aufnehmen, kann es dadurch in einer betroffenen Herde zu großen Verlusten an Lämmern kommen.
Katzen spielen als Ausscheider der langlebigen Oozysten also eine zentrale Rolle für die Verbreitung von Toxoplasma (s. Abb. 1), wobei junge Katzen, die Mäuse jagen, die Gruppe mit dem höchsten Risiko darstellen.
Abb. 1: Entwicklungszyklus von Toxoplasma gondii © ESCCAP Deutschland e. V. ESCCAP-Empfehlung Nr. 6, 2017: Bekämpfung von intestinalen Protozoen bei Hunden und Katzen.
Ihr eigens Ansteckungsrisiko senken
Neben der Infektion mit Oozysten, zum Beispiel über Oberflächenwasser, ungewaschenes Obst und Gemüse oder die Aufnahme von Sand oder Erde, stellt für Menschen der Verzehr von rohem oder halbgarem Fleisch eine wichtige Ansteckungsquelle dar.
Schwangere und RisikopatientInnen können ihr eigenes Risiko für eine Infektion stark reduzieren, indem sie auf den Verzehr von rohem Fleisch (einschließlich Rohwürsten, Rohschinken und anderen nicht erhitzten Fleischerzeugnissen) verzichten. Wichtig ist für diese Personengruppen darüber hinaus, bei der Gartenarbeit und anderen Tätigkeiten, bei denen sie mit Erde oder Sand in Berührung kommen, eine gute Handhygiene zu praktizieren.
So reduzieren Sie das Infektionsrisiko für Ihre Katze
Um das Risiko einer Infektion für die eigene Katze zu minimieren, sollten die Tiere nicht mit Rohfleisch gefüttert werden. Erlaubt ist aber das Verfüttern von Fleisch, das zuvor für mindestens fünf Tage eingefrorenen und wieder aufgetaut oder durcherhitzt wurde. Natürlich stellt auch Freigang, der ja meistens mit Jagd verbunden ist, bei Katzen ein Risiko dar. Eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit des Stubentigers während der Schwangerschaft der Besitzerin muss jedoch mit dem Tierwohl vereinbar sein.
Die Katze wegzugeben ist wenig zielführend, denn meist wird dann das freiwerdende Territorium von einer anderen Katze besetzt, und das Risiko, dass Oozysten in den Garten gelangen, wird dadurch nicht weniger.
Für Katzen, die bereits in der Vergangenheit eine T. gondii-Infektion durchgemacht haben, besteht nur ein sehr geringes Risiko für eine erneute Oozysten-Ausscheidung. Um festzustellen, ob eine Katze bereits früher infiziert war, kann man wie beim Menschen eine Blutuntersuchung durchführen. Dabei weist die Tierärztin oder der Tierarzt Antikörper gegen T. gondii nach. Ein negatives Ergebnis dieses Tests ist jedoch kein Grund, in Panik zu geraten – erhöhte Vorsicht im Umgang mit dem Kot von Katzen ist ausreichend, um dem Infektionsrisiko von dieser Seite vorzubeugen. So sollte beispielsweise die Reinigung der Katzentoilette durch eine andere Person erfolgen, der Inhalt im Hausmüll entsorgt und eine gute Handhygiene betrieben werden.
Frau Professor Dr. Anja Joachim ist Leiterin des Instituts für Parasitologie an der Veterinärmedizinischen Universität Wien. Zudem ist sie Mitglied der unabhängigen Expertenorganisation ESCCAP (European Scientific Counsel Companion Animal Parasites) und nationale Vertreterin von ESCCAP Österreich.
Weitere Informationen zur Toxoplasmose sowie hilfreiche Empfehlungen, um einer Ansteckung vorzubeugen, können Sie im ESCCAP-Flyer: „Schwanger? Wie Sie eine Toxoplasmen-Infektion vermeiden können“ nachlesen.