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Einleitung
I. Individuelle Faktoren: Alter, Haltung, andere Erkrankungen
II. Maßnahmen am Tier: Diagnose, Therapie und Prävention
III. Desinfektion und Umgebungsbehandlung zur Verhinderung einer Übertragung
IV. Prävention zoonotischer Dermatophytosen
V. Schulung von Praxisteam, TierbesitzerInnen und Öffentlichkeit
Dermatophyten sind fadenförmige Pilze, die Keratin als Kohlenstoffquelle nutzen. Bei einigen dieser Pilze handelt es sich um echte Parasiten. Sie entwickeln sich in Haut und Haaren und verursachen Hautveränderungen. Die entsprechende Erkrankung bezeichnet man als Dermatophytose. Sie gilt als eine der häufigsten infektiösen Hauterkrankungen bei Hunden und Katzen. Allein bei Hunden und Katzen wurden mehr als 20 Dermatophytenspezies isoliert. Die Bedeutung dieser einzelnen Spezies variiert jedoch in Abhängigkeit von ihrer Prävalenz und ihrem zoonotischen Potenzial. Die vorliegende Empfehlung basiert auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Teilweise werden weiterführende Studien notwendig sein, um umfassendere oder konkretere Aussagen zu bestimmten Teilaspekten machen zu können. ESCCAP stößt in diesem Sinne weitergehende wissenschaftliche Studien an und weist bis zu deren Ergebnissen in der vorliegenden Empfehlung auf noch offene Fragestellungen hin.
Microsporum Canis
In Deutschland sind vor allem folgende Erreger relevant (Tabelle 1):
Hinweis: Bei kleinen Heimtieren wie Meerschwein oder Ratte ist T. mentagrophytes der häufigste Erreger, aber auch M. canis kommt bei diesen Tieren vor.
Ziel dieser Empfehlung ist es, einen aktuellen Überblick über diese keratinophilen Pilze zu geben. Es werden konkrete Behandlungsvorschläge und Maßnahmen empfohlen. Es handelt sich hierbei explizit um Empfehlungen zur Bekämpfung von Dermatophyten. Für die Bekämpfung anderer Hautpilze und Mykosen sind unter Umständen andere Maßnahmen, Therapeutika und Desinfektionsmittel anzuwenden.
Die Entwicklung einer Dermatophytose wird von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst. Bestimmte Faktoren können ein intensiveres Monitoring und/oder eine Behandlung erforderlich machen, während andere ein weniger intensives Vorgehen rechtfertigen können. Bei der Erstellung des Maßnahmenplans sollten unter anderen folgende Aspekte berücksichtigt werden:
Dermatophyten besiedeln die Haarschäfte und das verhornte Epithel. Das Krankheitsbild präsentiert sich üblicherweise als fleckförmige Alopezie im Gesichtsbereich, an den Ohren oder den Vordergliedmaßen. In der Regel besteht kein Juckreiz, doch einige Tiere (vor allem adulte Katzen) können einen mäßigen bis intensiven Juckreiz aufweisen. Zu den selteneren klinischen Manifestationen gehören Follikulitis, feline miliare Dermatitis, feline Akne, pemphigusähnliche Veränderungen und das Pseudomyzetom. Bei Hauterkrankungen sollte eine Dermatophytose stets differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden. Eine systematische diagnostische Abklärung ist hier erforderlich. Am zuverlässigsten ist eine sinnvoll aufeinander aufbauende und ineinander greifende Kombination verschiedener diagnostischer Möglichkeiten (Grafik 1).
Die Untersuchung des Haarkleids mit einer Ultraviolettlicht-Lampe (Wood’sche Lampe) ist ein gutes Screening-Verfahren für Dermatophytosen. Haare, die von M. canis befallen sind, zeigen unter ultraviolettem Licht eine gelbgrüne Fluoreszenz. Diese tritt jedoch nicht bei allen M.-canis-Infektionen auf. Auch bei Infektionen mit anderen relevanten Dermatophytenspezies (T. mentagrophytes, M. persicolor oder M. gypseum) ist keine Fluoreszenz zu beobachten. Ebenso kann die mechanische Einwirkung bei der Anwendung von zum Beispiel Shampoos zu einer Entfernung der fluoreszierenden Bestandteile führen. Somit schließt ein negativer Befund eine Dermatophytose nicht aus. Ein positiver Befund ist jedoch beweisend für das Vorliegen einer Dermatophytose.
Ein weiteres Verfahren zur Diagnose ist die mikroskopische Untersuchung von Haaren. Technik der Probenentnahme und Erfahrung des Untersuchenden bedingen die Sensitivität dieses Verfahrens. Aber auch bei optimaler Probenentnahme und Auswertung sind negative Trichogramme trotz Vorliegen einer Dermatophytose möglich. Daher ist auch hier nur ein positives Ergebnis aussagekräftig.
Das verlässlichste Verfahren zum Nachweis einer Dermatophytose stellt die Pilzkultur dar. Die Probengewinnung kann durch Hautgeschabsel, Auszupfen von Haaren (unter der Wood’schen Lampe) oder – bei latent infizierten Tieren sowie zur Therapiekontrolle – mittels Durchbürsten des Fells mit einer Zahnbürste oder einem kleinen Stück Teppich erfolgen. Bis zu einem aussagekräftigen Ergebnis der kulturellen Untersuchung können jedoch 1-3 Wochen vergehen.
Ist eine sehr rasche Klärung notwendig oder vom Besitzer gewünscht kann eine histologische Untersuchung einer Biopsie vorgenommen werden. Ein positives Ergebnis dieser Untersuchung ist aussagekräftig und steht bereits innerhalb weniger Tage zur Verfügung, allerdings sind mit Spezialfärbungen nur ungefähr 90% der Dermatophytosen zu diagnostizieren.
Spricht das klinische Bild eines Tieres für eine Dermatophytose und liegt bereits beim Halter des Tieres ein Befall vor, so ist umgehend eine Behandlung bei dem Tier einzuleiten. Parallel werden Proben entnommen und eine kulturelle Diagnostik in die Wege geleitet. Der Tierhalter wird zur Behandlung seiner selbst an einen Humanmediziner verwiesen.
In einem separaten Diagnostik-Leitfaden erläutert ESCCAP anschaulich die sachgerechte Entnahme und Untersuchung von diagnostischem Material in der Praxis: Schritt für Schritt in Text und Bild. Diesen separate Leitfaden zur Diagnostik von Dermatophyten können Sie hier als PDF Download herunterladen.
In vielen Fällen reicht die Immunabwehr des Tieres aus, um eine Ausbreitung der Hautveränderungen zu verhindern, so dass Dermatophytosen als selbstlimitierende Erkrankungen gelten. Aus folgenden Gründen sollte dennoch eine sachgerechte antimykotische Behandlung vorgenommen werden:
Infektiöses Material besteht aus kleinen Haarteilen, die mit Pilzsporen (Arthrokonidien) besetzt sind. Es wird leicht verbreitet und die Pilzsporen können in der Umgebung unter optimalen Bedingungen über Jahre lebensfähig bleiben. Infizierte Tiere (mit oder ohne klinische Symptome) und eine kontaminierte Umgebung exponieren andere Tiere und TierbesitzerInnen gegenüber den Dermatophyten also über einen langen Zeitraum und können so zu Infektionen und Rezidiven führen.
Das therapeutische Vorgehen umfasst folgende Maßnahmen (Grafik 2):
Bleibt ein Therapieerfolg aus, müssen folgende Überlegungen in Betracht gezogen werden:
Auch wenn das Vorkommen resistenter Stämme bei Dermatophyten immer wieder vermutet wird, ließ sich eine Resistenz von Dermatophyten gegenüber Antimykotika nur in sehr wenigen Fällen wirklich belegen. Das Vorliegen einer Resistenz ist bei einem Therapieversagen also nicht wahrscheinlich. Alle Dermatophytenspezies weisen gegenüber den derzeit verfügbaren Antimykotika eine vergleichbare Sensitivität auf. Die Auswahl der anzuwendenden Wirkstoffe erfordert daher keinen Nachweis der vorliegenden Spezies. Für den Ausschluss apathogener Dermatophytenspezies, den Einsatz von Impfstoffen, ein besseres Verständnis der Epidemiologie der Infektion und zur Vermeidung einer erneuten Kontamination ist die Identifikation der Dermatophyten jedoch notwendig.
In Zuchten und Tierheimen lässt sich eine Dermatophyteninfektion sehr schwer bekämpfen und stellt auch ein gesundheitliches Risiko für die Menschen dar, die mit den Tieren in Kontakt kommen. Die Kosten für Antimykotika und die Scheu der Züchter, eine Infektion in ihrem Bestand zuzugeben, sind oft mit dafür verantwortlich, dass Therapieempfehlungen nicht eingehalten werden. Unter Umständen können auch eine Unterbrechung der Zucht und/oder der Verzicht auf Ausstellungen angeraten sein. Auch eine Impfung, wie sie für Hunde und Katzen in Deutschland zur Verfügung steht, kommt in solchen Beständen in Betracht.
Das Risiko einer Dermatophyteninfektion ist für Hunde- und Katzenwelpen sowie alte und geschwächte Tiere am größten. Dennoch hängt die Infektion nicht strikt vom Alter oder dem gesundheitlichen Zustand eines Tieres ab und kann jederzeit auftreten. Deshalb sollte angestrebt werden, alle Hunde und Katzen durch geeignete Maßnahmen vor einer Dermatophyteninfektion zu schützen.
Der Kontakt mit einem infizierten Tier oder einer kontaminierten Umgebung stellt das größte Infektionsrisiko dar. Somit lässt sich eine Infektion am besten vermeiden, indem man diesen Kontakt verhindert. Diese Präventionsstrategie ist sehr einfach, aber nicht immer anwendbar, da nicht alle infizierten Tiere auffällige klinische Symptome aufweisen. In Katzenpopulationen finden sich sehr häufig asymptomatische Trägertiere. Bei diesen kann es sich um mechanische Träger des Erregers handeln oder tatsächlich infizierte Katzen, die einige Tage oder Wochen später klinische Symptome entwickeln.
Bei hohem Infektionsdruck (z. B. Zuchten, Tierpension, Tierheim u.s.w.) ist daher eine Desinfektion (siehe Abschnitt III) unabhängig von klinischen Fällen 1 x wöchentlich empfohlen. Ist ein Tier einer möglichen Infektion ausgesetzt, z.B. im Rahmen von Ausstellungen, bei Aufenthalt in Tierpension oder Tierheim, so sollten die Tiere einmalig topisch behandelt werden, bevor sie in den Haushalt/die Zucht (zurück-)kommen und mit Menschen oder anderen Tieren Kontakt haben und diese infizieren können. Parallel sollte eine Desinfektion von Transportkorb, Decken, Halsbändern usw. vorgenommen werden, mit denen das Tier Kontakt hatte (siehe Abschnitt III).
Zum prophylaktischen Schutz der Tiere wird manchmal der Einsatz von Antimykotika empfohlen: Oral zu applizierende Wirkstoffe haben sich jedoch als ungeeignet erwiesen. Gut kontrollierte Studien am Menschen konnten belegen, dass zum Beispiel oral verabreichtes Griseofulvin prophylaktisch nicht wirksam ist.
In Zuchten sowie in Tierheimen stellt die Aufnahme eines infizierten Tieres in den Bestand das größte Infektionsrisiko dar. Es sollte daher stets eine Untersuchung auf eine Dermatophyteninfektion erfolgen. Bis zum Erhalt eines gesicherten Diagnoseergebnisses bzw. einer abgeschlossenen Behandlung sollten die Tiere in Quarantäne bleiben. Ein Tier ohne klinische Symptome mit positivem Laborbefund ist als Trägertier einzustufen. Mechanische Trägertiere sollten vor Integration in den Bestand topisch mit einem Antimykotikum behandelt werden, bis die Diagnostik negativ ist. Sie werden erst dann in den Bestand aufgenommen, wenn zwei kulturelle Untersuchungen im Abstand von 4 Wochen ein negatives Ergebnis erbracht haben.
Derzeit wird weiter an der Entwicklung von Impfstoffen zur Prophylaxe von Dermatophytosen gearbeitet. In Deutschland sind zwei derartige Vakzinen für Hunde und Katzen zugelassen. Sie enthalten inaktivierte Stämme von M. canis allein oder in Kombination mit Stämmen von M. gypseum und Trichophyton spp. Die Impfung schützt aber weder vor Infektion noch vor einer klinischen Erkrankung. Bei geimpften Tieren ist jedoch eine höhere Infektionsdosis nötig, um eine Infektion und Erkrankung auszulösen. Die Impfung führt zu einer weniger schweren Ausprägung der klinischen Erscheinungen. Auf Wunsch des Tierhalters kann sie zur Unterstützung der Behandlung (schnellere Besserung klinischer Symptome) oder in stark gefährdeten Beständen (z. B. Zuchten, Tierheimen) eingesetzt werden.
Dermatophyten werden durch mikroskopisch kleine Sporen übertragen. Infektiöses Material besteht aus kleinen Haarteilen, die mit Pilzsporen (Arthrokonidien) besetzt sind. Es wird leicht verbreitet und die Pilzsporen können in der Umgebung unter optimalen Bedingungen über Jahre lebensfähig bleiben. In der Umwelt vorhandene Sporen erhöhen das Risiko einer Exposition, Reinfektion und langzeitigen Behandlung der Tiere. Daher sollte für die Dauer des gesamten Zeitraums einer Behandlung konsequent 1 x wöchentlich eine Desinfektion im Umfeld des Patienten vorgenommen werden.
Entscheidend ist dabei eine sorgfältige Reinigung mit Anwendung geeigneter Desinfektionsmittel. Sporen und Teile infizierter Haare lassen sich zusätzlich durch Absaugen beseitigen. Desinfiziert werden vom Tier frequentierte Bereiche und Flächen wie Liegeflächen, Möbelstücke, Transportkörbe, Böden und Auto sowie mit dem Tier in Kontakt gekommene Gegenstände wie Bürsten, Kämme, Halsbänder, Leinen und Spielzeuge. Die Desinfektion findet statt durch Einweichen/Waschen mit geeigneten Desinfektionsmitteln.
Mittel der Wahl für die Desinfektion ist Chlorbleiche (Natriumhypochlorit, unterchlorige Säure). Sie wirkt Zellmembran zerstörend und Eiweiß denaturierend, ist schnell wirksam (unter 2 min.), preiswert und unschädlich. Chlorbleiche zerfällt bei Anwendung in Wasser, Sauerstoff und Kochsalz. In höheren Konzentrationen ist sie allerdings schleimhaut- und atemwegsreizend. Handelsübliche Bleiche ist als Konzentrat (ca. 5 % NaOCl) in Drogerien und Supermärkten erhältlich. In Apotheken bekommt man bis zu 12%-ige NaOCl-Lösung. Natriumhypochlorit ist auch in einer Konzentration von 1:2600 nach nur 5 min. Einwirkzeit noch fungizid. Chlorbleiche ist außerdem das einzige Langzeitdesinfektionsmittel. Auch nach 24 Stunden werden auf die inzwischen abgetrocknete Oberfläche auftreffende Sporen abgetötet, was besonders in Zuchten und Tierheimen große Vorteile hat.
Vor der Anwendung von Chlorbleiche sollte geprüft werden, ob diese für die zu desinfizierende Gegenstände, Materialien und Flächen geeignet ist. Dort wo Chlorbleiche ungeeignet ist, kann alternativ für die Desinfektion von Gegenständen und kleinen Flächen Enilconazol (siehe Tabelle 2) zur Desinfektion verwendet werden. Die empfohlenen Einwirkzeiten für Enilconazol betragen bei glatten Oberflächen 20-30 Minuten, bei absorbierenden Oberflächen 2-3 Stunden (bei Aufbringen mit ca. 30° C und Einwirken bei Raumtemperatur). Vom großflächigen Einsatz sowie vom Einsatz von Enilconazol-Verdampfern (Fogger), wie sie in anderen europäischen Ländern erhältlich sind, wird jedoch abgeraten.
Zu den wichtigen Präventivmaßnahmen auf Seiten der TierbesitzerInnen gehören:
Personen, die mit infizierten Tieren Kontakt haben, sollten auf die Gefahren hingewiesen und über besondere Risikogruppen informiert werden, wie zum Beispiel: immungeschwächte Personen wie Schwangere, ältere Menschen, Patienten mit HIV-Infektion, Patienten, bei denen eine Chemotherapie, Organtransplantation oder Behandlung einer Autoimmunerkrankung erfolgt Menschen, deren Umstände/Verhalten zu einer erhöhten Infektionsgefahr führen können, wie Babys und Kleinkinder, geistig behinderte Personen oder Menschen mit besonderen berufsbedingten Risiken.
Empfehlungen und Informationen zur Bekämpfung von Dermatophytosen sollten verständlich und einheitlich kommuniziert und umgesetzt werden. Mit Hilfe von Informationsmaterialien und über verschiedene Medien sollte nicht nur bei Personen, die im (tier-)medizinischen Bereich tätig sind, sondern auch bei TierhalterInnen und in der Allgemeinheit Aufmerksamkeit und Sensibilität für Dermatophyteninfektionen und das Risiko von Zoonosen, einschließlich klinischer Manifestationen beim Menschen, insbesondere bei Kindern, gefördert werden.
Eine enge Zusammenarbeit zwischen Verbänden, TierärztInnen und ÄrztInnen sollte initiiert und gefördert werden, die Vorteile einer solchen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Zoonosen gilt es herauszustellen.
TierhalterInnen sollten über potenzielle Gesundheitsrisiken durch Dermatophyten informiert werden. Dies gilt nicht nur für die Risiken, denen ihre Tiere ausgesetzt sind, sondern auch für die von Familienmitgliedern und anderen Menschen, die innerhalb des Aktionsradius dieser Tiere leben. Seriöse Informationsmaterialien und Internetseiten sind dabei wertvolle Hilfsmittel. Eine verantwortungsvolle Hunde- und Katzenhaltung kann letztlich in entscheidendem Maße dazu beitragen, die Akzeptanz von Hunden und Katzen als Begleiter des Menschen nachhaltig zu fördern.
Stand: Februar 2009
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