Wiesenzecke deutschlandweit aktiv – Hunde unbedingt auch im Winter schützen
Mit dem gemeinen Holzbock (Ixodes ricinus), der in Deutschland wohl bekanntesten Art der Schildzecken, haben sicher nahezu alle HundebesitzerInnen bereits Bekanntschaft gemacht. Studien konnten in den letzten Jahren nachweisen, dass auch die sogenannte Wiesenzecke (Dermacentor reticulatus) hierzulande immer häufiger anzutreffen ist.1,2 In Sachsen-Anhalt und Brandenburg ist sie mittlerweile die beim Hund am häufigsten nachgewiesene Zeckenart.3
In den 70er-Jahren noch eine Rarität, hat das zu den Buntzecken (Gattung Dermacentor) zählende und früher auch als Auwaldzecke bezeichnete Spinnentier Deutschland im Rahmen eines überaus erfolgreichen „Feldzugs“ innerhalb der letzten 50 Jahre zunehmend erobert. Sogar bis auf die Insel Sylt hat es den kleinen, aber keineswegs ungefährlichen Parasiten bereits verschlagen.
Ausbreitungsstudie anhand von Zeckenfunden
Bereits im Jahr 2019 war eine Studie unter der Leitung von Professorin Dr. Christina Strube vom Institut für Parasitologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover (TiHo) ins Leben gerufen worden, um die Verbreitung der Wiesenzecke in Deutschland zu analysieren. TierärztInnen und interessierte TierhalterInnen wurden damals dazu aufgefordert, entdeckte Exemplare unter Angabe des Fundortes einzuschicken. Fast 3.300 überwiegend auf Hunden angetroffene Wiesenzecken waren daraufhin bei den WissenschaftlerInnen eingegangen. Die Studie ergab, dass sich die Wiesenzecke zum damaligen Zeitpunkt vor allem im nordwestlichen Teil des Landes ausgebreitet hatte. Exemplare der Zecke waren jedoch in allen Bundesländern mit Ausnahme der Freien und Hansestadt Hamburg nachgewiesen worden.1
Im Jahr 2020 führten die WissenschaftlerInnen die Studie fort. Von den eingesandten Exemplaren wurden 2.515 als Wiesenzecke identifiziert. Diese bis Mai 2021 andauernde Untersuchung bestätigte, dass sich die Wiesenzecke deutschlandweit ausgebreitet hat. Im Gegensatz zur vorherigen Studie wurden Exemplare dieser Zeckenart erstmals auch in der Freien und Hansestadt Hamburg nachgewiesen.2
Als Wiesenzecke ist diese Zeckenart an ihrer typischen emailleartigen Marmorierung erkennbar. Besonders wohl fühlt sie sich außerhalb ihres Wirts in Lebensräumen wie Wiesen und Grünstreifen sowie Übergangszonen am Waldrand.
Wiesenzecke – harmlos für den Menschen, potenziell gefährlich für Hunde
Für den Menschen gilt die Wiesenzecke als relativ ungefährlich. Zwar kann sie Krankheitserreger wie das Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME)-Virus oder Rickettsien übertragen, allerdings sticht das Tier den Menschen nur äußerst selten, entsprechend gering ist das Infektionsrisiko. Hauptwirt der Wiesenzecke ist stattdessen der Hund, für den der Blutsauger nicht nur lästig, sondern indirekt unter Umständen sogar lebensbedrohlich werden kann. Grund hierfür ist eine mögliche Übertragung von Babesien, also einzelligen Parasiten, die die roten Blutkörperchen befallen und zerstören. Unbehandelt führt die Hundebabesiose häufig zum Tod des Tieres.
Wirksamer Zeckenschutz – auch im Winter
Selbstverständlich führt nicht jeder Kontakt mit einer Zecke beim Hund automatisch zu einer Babesiose und bis vor wenigen Jahren galt die Babesiose noch als reine Importparasitose, die in Europa vor allem in südlichen Ländern rund um das Mittelmeer vorkommt. Jedoch werden derzeit steigende Erkrankungsfälle innerhalb mehrerer Regionen Deutschlands verzeichnet.2,4,5 Aufgrund der flächendeckenden Verbreitung der Wiesenzecke ist es daher ratsam, Hunde mit wirksamen Antiparasitika gegen einen Stich zu schützen. Da die Wiesenzecke auch im Winter aktiv ist – ebenso wie der Holzbock6 – und sich durch tiefere Temperaturen (4 °C) und Bodenfrost nicht aufhalten lässt, ist ein entsprechender Schutz auch in den Wintermonaten unbedingt zu empfehlen.
Quellen:
1 Drehmann M et al. The spatial distribution of Dermacentor ticks (Ixodidae) in Germany – Evidence of a continuing spread of Dermacentor reticulatus. Frontiers in Veterinary Science 7 (2020): 578220.
2 Update and prognosis of Dermacentor distribution in Germany: Nationwide occurrence of Dermacentor reticulatus. Frontiers in Veterinary Science 9 (2022): 1044597.
3 Probst, J., Springer, A. & Strube, C. Year-round tick exposure of dogs and cats in Germany and Austria: results from a tick collection study. Parasites Vectors 16, 70 (2023). https://doi.org/10.1186/s13071-023-05693-5 .
4 Seibert et al. Occurrence of canine babesiosis in dogs in the Rhine-Main area of Hesse, Germany – a case study of 81 dogs. Tierärtzl Prax Ausgabe K Kleintiere Heimtiere (2022): 50:162-172.
5 Weingart W et al. Autochthonous Babesia canis infections in 49 dogs in Germany. J Vet Intern Med 37 (2023):140-149.
6 Probst J, Springer A, Topp AK, Bröker M, Williams H, Dautel H, Kahl O, Strube C. Winter activity of questing ticks (Ixodes ricinus and Dermacentor reticulatus) in Germany – Evidence from quasi-natural tick plots, field studies and a tick submission study. Ticks Tick Borne Dis. 2023 Jul 1;14(6):102225. doi: 10.1016/j.ttbdis.2023.102225. Epub ahead of print. PMID: 37399628.
Stand: Oktober 2023